Dein Online-Praktikum: Vollstreckung des Urteils (Rechtspfleger/in)

Bild: Lara Eikelmann / Vision Impulse GmbH
Das Urteil ist gefallen: Max S. wurde zu einer Geldstrafe von 900 € verurteilt. Doch ein Urteil auf dem Papier allein reicht nicht aus – es muss auch durchgesetzt werden. Wer kümmert sich darum, dass das Geld tatsächlich in der Staatskasse landet? Damit ist der Fall für die Justiz noch nicht geschlossen. Er wandert nun vom Gerichtssaal in die Abteilung für Strafvollstreckung. Hier übernehmen die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger. Sie sind dafür verantwortlich, die staatlichen Sanktionen durchzusetzen und zu überwachen, damit das gesprochene Recht auch Wirklichkeit wird.
Anders als oft vermutet, sind Rechtspfleger/innen dabei keine Assistenten der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, die lediglich Anweisungen ausführen. Sie agieren als eigenständiges Organ der Rechtspflege. Das bedeutet: Sie treffen ihre Entscheidungen sachlich unabhängig und sind – genau wie Richter/innen – nur dem Gesetz unterworfen. Niemand darf ihnen vorschreiben, wie sie sich in einem Fall entscheiden sollen. Ob eine Ratenzahlung bewilligt wird oder im Ernstfall sogar ein Haftbefehl erlassen werden muss, liegt nun in ihrer Verantwortung.
Diese Verantwortung beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Strafrecht. Als Rechtspfleger/in begleitest du Bürgerinnen und Bürger in verschiedensten Lebenslagen juristisch – oft dort, wo es für sie besonders wichtig wird. Was genau dazu gehört und wie dieser Mix aus Jura und Verwaltung in der Praxis aussieht, schauen wir uns jetzt genauer an.
Berufsvorstellung: Rechtspfleger/in
Rechtspfleger/innen nehmen viele Aufgaben wahr, die früher Richter/innen erledigt haben. Sie treffen dabei eigene Entscheidungen - sie sind keine Assistenten, sondern arbeiten rechtlich frei. Sie kümmern sich zum Beispiel um:
- Eintragungen im Grundbuch (z. B. bei Hauskauf),
- Nachlassverfahren (Erbschaften),
- Zwangsversteigerungen (wenn jemand Schulden nicht zahlt),
- Betreuungssachen (wenn jemand nicht für sich selbst sorgen kann) oder
- Vormundschaftssachen (wenn ein Kind keine Eltern mehr hat).
Lerne Micha kennen: Micha ist Rechtspfleger. Er ist für viele wichtige gerichtliche Aufgaben zuständig und trifft eigenständig juristische Entscheidungen. Er ist beispielsweise zuständig für Grundbucheinträge, Erbscheine oder – wie in diesem Fall – die Vollstreckung von Geldstrafen.
Interview mit Micha (Rechtspfleger bei der Berliner Justiz)
Formate: video/movingimage
Interaktive Aufgabe: Bearbeitung eines Ratenzahlungsantrags
Max S. hat einen Antrag auf Ratenzahlung gestellt. Er schreibt, dass er als Student die 900 € Geldstrafe nicht auf einmal zahlen kann. Du übernimmst jetzt als Rechtspfleger/in: Prüfe den Antrag und entscheide. Er schlägt eine monatliche Rate von 75 € vor. Ist das unter Berücksichtigung seiner Verhältnisse als Student angemessen?
Antrag auf Ratenzahlung
Max S.
Prenzlauer Allee
Berlin
An die Staatsanwaltschaft Berlin
Berlin, 25.09.2025
Betrifft: Geldstrafe Az. 123 Ds 456/25 – Antrag auf Ratenzahlung
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich gemäß § 459a StPO die Zahlung der mir auferlegten Geldstrafe in Raten.
Aufgrund meiner aktuellen finanziellen Lage als Student mit geringem Einkommen bin ich nicht in der Lage, den Gesamtbetrag von 900 € (60 x 15 €) auf einmal zu begleichen.
Ich schlage eine monatliche Rate von 75 € vor und bitte um Zustimmung. Ein Nachweis über meine Einkommenssituation ist beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Max S.
Seinem Antrag hat Max S. Kontoauszüge beigefügt. Daraus geht hervor, dass er monatlich 800€ durch seinen Nebenjob verdient und für seine Wohnung im Studentenwohnheim 300€ Miete zahlen muss. Auf seinem Konto befinden sich zurzeit 500€.
Entscheidung: Ratenzahlungsantrag
Interaktive Aufgabe: Erstellung eines Haftbefehls
Max S. wurde eine Ratenzahlung genehmigt. Leider ist er dieser nicht nachgekommen. Schaue dir dazu die Entscheidung des Rechtspflegers an:
Folgeentscheidung bei Nichtzahlung
Vermerk vom 10.12.2025
Da Max S. trotz Mahnung keine Zahlung geleistet hat und sich auch nicht erneut gemeldet hat, ist seine Ratenzahlung verwirkt und er muss die gesamte Strafe sofort bezahlen. Auch nach Hinweis darauf bezahlte er nicht und wird nun zum Haftantritt geladen.
Für jeden nicht gezahlten Tagessatz ist ein halber Tag Freiheitsstrafe zu verbüßen.
Erscheint er nicht zum Haftantritt, wird Haftbefehl erlassen.
Haftbefehl gegen Max S.
Jetzt bist du dran! Max S. ist nicht zum Haftantritt erschienen. Erstelle den Haftbefehl. Folgend siehst du das Muster mit den Kernelementen des Haftbefehls. Es enthält noch entscheidende Lücken (siehe eckige Klammern). Vervollständige den Haftbefehl basierend auf deinem Wissen über den Fall und den Vermerk des Rechtspflegers.
| Kernelement | Inhalt |
|---|---|
| Betroffene Person | Max S. geboren am 15.03.2002 in Berlin wohnhaft: Berlin |
| Zuständige Vollzugsanstalt | JVA Plötzensee Friedrich-Olbricht-Damm 16 13627 Berlin |
| Vollstreckbare Strafentscheidung | Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 20.08.2025, Aktenzeichen: 123 Ds 456/25, Grund: Diebstahl nach § 242 StGB; Sanktionen: [Strafe] |
| Zu verbüßende Strafe | [Tage] Ersatzfreiheitsstrafe |
| Zahlungsinformationen | Zahlung von 900,00 Euro unter Angabe des Kassenzeichen AS12311SD an den Empfänger: Kosteneinziehungsstelle der Justiz in Berlin, Postbank Berlin, IBAN: DE13 1001 0010 1234 5678 90, BIC: PBNKDXXX |
| Abwendung der Haft | Nur bei Ersatzfreiheitsstrafe: Die Verhaftung unterbleibt, wenn die Zahlung des geforderten Betrages auf das angegebene Konto nachgewiesen wird. Wenn der Verurteilte den Betrag bezahlen will, wird gebeten, die Einzahlung auf der nächsten Postanstalt zu ermöglichen. |
Vervollständigung des Haftbefehls
Schlussbemerkung
Max S. kann die Strafe von 900 € als Student nicht auf einmal zahlen. Er hat einen Antrag auf Ratenzahlung (75 € pro Monat) gestellt.
Ergebnis: Ein Rechtspfleger hat den Antrag geprüft. Da Max S. Student ist, wurde sein Antrag auf Ratenzahlung bewilligt. Er muss die 900 € nun in monatlichen Raten abzahlen. Leider hat Max S. auch nicht die Ratenzahlung geleistet und weder auf Hinweise noch die Ladung zum Haftantritt reagiert. So musste der Rechtspfleger Haftbefehl gegen Max S. erlassen.
Mit der Vollstreckung des Urteils hast du den letzten Schritt im Online-Praktikum bei der Berliner Justiz erfolgreich abgeschlossen. Unten findest du ein Teilnahmezertifikat, welches du dir gern herunterladen und deinen Namen eintragen kannst.
Dir hat das Praktikum Spaß gemacht? Erzähle gern deinen Freundinnen und Freunden davon! Kommt ihr zu den gleichen Antworten oder haben sie anders entschieden?
Möchtest du mehr über die Berliner Justizberufe erfahren, schaue auf unserer Seite Youstiz vorbei.
Zertifikat
Teilnahmezertifikat
- Doctype: PDF
